Wenn der Wurm drin ist oder die Kinder von der Tarantel gestochen sind, beschwören sie den Tsunami herbei. Es ist ein Gesetz. Das Unglück zeichnet sich deutlich am Horizont ab. Und es braust auf sie zu und in die Gemeinschaft hinein!

Ich kann das abwenden! Und muss es auch. Muss mich dazu meteorologisch auskennen. Die leisen Vorankündigungen lesen. Jeder kann das Studium aufnehmen. Es startet immer jetzt sofort beim Leben höchst-selbst. Dem eigenen. Und dem der Kinder. Und dem Gemeinsamen.

Unsere Geschicklichkeit, leiseste Anzeichen von Unwetter zu deuten, wächst. Mit dieser, meiner Geschicklichkeit, wächst dann auch die Ruhe und Fröhlichkeit in meiner Kindergemeinschaft. Denn, je eher ich erkenne, was sich an Gewitterwolken bei den Kindern zusammenbraut und ich es direkt im Beginn abregnen lasse, desto leichter lassen sich die Kinder führen.

Ist der Tsunami erst einmal da, ist es laut, schrill und tösend. Dann muss ich eine Inspiration haben, wie ich mir eine Gehörschneise zum Kind oder zur Kindergemeinschaft bahnen kann. Das muss ich.

Der Aufmerksamkeits- oder Bindungsfaden zwischen mir und dem Kind oder der Kindergemeinschaft darf nie abreißen. Ist das Kind aber blind und taub vor eigenem Übermut und Klamauk, ist das nicht mehr gegeben. Das ist immer gefährlich. Denn es kann sich noch nicht selbst führen und ist diesen überschäumenden Emotionen unterworfen. Etwas Gutes kommt dabei nie heraus. Für das Kind nicht und für alle, die der Sturm erfasst.

Das Kind muss immer merken, wer der Erwachsene ist und wer das Kind. Wer in wessen Hoheitsgebiet segelt. Je sicherer es das fühlt, desto sicherer kann es sich binden und desto freier entfalten! Das ist nur ein scheinbares Paradoxon!

Just heute war es so. Während ich ein Kind wickelte, begannen die anderen im Waschraum aufzudrehen. Erst alberten sie, dann rannten sie albernd. Dann fingen sie sich dabei. Ich drang nicht durch. Sie hörten nicht.

Das geht nicht. Wir müssen verbunden sein, sie müssen für mein Wort empfänglich sein und bleiben und ich muss mich auf sie verlassen können. Alles war nicht gegeben.

Dann muss ich es donnern lassen. Ein Donnerwetter von meiner Seite muss dem Treiben ein Ende setzen. Würde ich es nicht tun, wäre es ein Unfall, der zwangsläufig auf Übermut folgt.

Ich klatschte sehr laut und entschlossen in die Hände. Im Nu waren alle Augen auf mich gerichtet und es war mucksmäuschenstill. Sie sahen mein Gesicht, in das ich allen Ärger, dessen ich fähig bin, hineingelegt hatte und rief sie zur Räson. Schuldbewusst setzten sie sich auf den Boden, wie ich sie geheißen hatte und blieben dort sitzen, bis ich mit dem Windeln fertig war.

Es zeigte sich dann, dass die großen Kinder etwas anderes brauchten, als die Kleinen. Ich habe sie sich anziehen und im Garten vor unserem Fenster spielen lassen. Beide, Große und Kleine fanden dann in ihr Spiel.

Das Schimpfen ist eine Kunst. Ich konnte es zu Beginn nicht. Kam mir selbst sehr albern dabei vor. Oder schlecht. Aber ich habe es geübt. Und es gibt eine Art zu schimpfen, ohne dabei seine eigene Ruhe zu verlieren. Danach muss man sich auch nicht schlecht fühlen. Die Luft ist wieder klar und der Himmel blau.

Überhaupt habe ich den Eindruck, dass meine pädagogische Arbeit aus Schauspielerei besteht. Damit meine ich nicht, dass ich den Kindern etwas vormache, was ich nicht wirklich meine. Ich meine damit, dass ich mir ein Stimmungs-Repertoire angeeignet habe. Es steht mir für unser gemeinsames Theaterstück zur Verfügung. Ich führe die Kinder durch meine gestimmtes SEIN auf die Bühne. Ich führe sie dorthin, indem ich selbst diese Stimmung WERDE. Die Kullisse, das Licht, die Musik. Das mach ich bewusst. Kann spielend wechseln.

Beim Donnern mach ich alles in und an mir zum Donner. Beim Staunen werde ich das Staunen. Ich bin darin selbstbestimmt. Kann entscheiden, wohin ich wechsel, welche emotionale Tonart oder Farbe zu diesem Augenblick passt.

Das Beglückende an der Arbeit mit Kinder finde ich ist, dass ich einen Beziehungsraum für sie öffnen kann, in den sie eintreten möchten. Ich gebe die emotionale Stimmung, Tonart oder Farbe, die gerade passend erscheint vor – und sie verwirklichen in diesem gestimmten Beziehungsraum ihre eigene farbig melodiöse Emotionalität.

Der Weg dorthin ist die Begegnung.