…gerät ihre Welt in Unordnung. Der Frieden und die Unbeschwertheit sind dann weg. Das fühlt sich richtig, richtig schlimm an und ist überhaupt nicht schön! Für beide Seiten nicht. Beide brauchen unsere Hilfe.

Die Erlösung ist, wenn wir die Weltordnung wieder herstellen, indem wir „Recht sprechen“. Ich mache das so:

Ich hocke mich zu den beiden herunter, mache eine einladende Geste Richtung Gekränktem, der sich dann meistens auf mein Bein setzt. Tröstend oder beschwichtigend lege ich meinen Arm um ihn. Oder, wenn er vor mir steht, legt er seine Hand in meine geöffnete. Fühlt sinnlich, „ich bin nicht alleine! Ich habe Schutz und Hilfe“.

Zuerst wende ich mich zum Gekränkten. Ich sage dann tröstend mit Mitgefühl in der Stimme an Peter gewandt: „Der Paul hat dir einfach deinen Klotz weggenommen!“ Ich mache das in Ruhe. Er soll fühlen, dass ich sein Gefühl mitfühle. Entschieden sage ich dann weiter zu Peter: „Das war gar nicht nett von ihm!“ Wir sind uns einig. Und Paul merkt es selbst. Dann nehme ich Paul den Klotz ab und gebe ihn Peter zurück: „Hier, hast Du ihn wieder.“ Die Welt ist wieder heile. Für Peter.

Dann zu Paul mit einer Brise Vehemenz in der Stimme und energischer Entschlossenheit „Du darfst Peter nicht einfach den Klotz wegnehmen!“ Stirnfalten, vorwurfsvoller Blick! Pause – das soll ihm ruhig ein bisschen unangenehm sein. Dann lasse ich ihn in mein Mitgefühl einsteigen, stelle mich emotional neben ihn: „Schau mal, dann wird Peter ganz traurig/wütend.“ Wenn ich merke, dass das Gefühl beim Kind angekommen ist wende ich mich seinem Bedürfnis zu: „Möchtest Du den Klotz gerne haben?“ Paul bejaht. „Dann musst du Peter fragen, ob er ihn Dir nicht geben kann.“

Paul ist zurecht gerückt. Jetzt ist auch seine Welt wieder in Ordnung. Das merkt auch Peter. Er müsste seinen Klotz auf keinen Fall hergeben. Es ist schließlich seiner. Aber sehr oft sind die Kinder plötzlich von sich aus bereit, dem Bittenden das Erbetene zu überreichen.

Ich habe nach solchen Situationen oft den Eindruck, dass etwas Neues, Höheres in der Beziehung der beiden Kinder entstanden ist, das vor dem Streit nicht da war.

Wenn beide weinen oder nicht klar ist, wer angefangen hat, mache ich es auch so. Beide vor mir stehend oder auf jedem Bein ein Kind sitzend mir die Geschehnisse erst  von dem einen dann von dem anderen berichten lassen. Das kommentiere ich so, wie oben dargestellt. Dabei ist die Regel, da bin ich sehr streng, dass der, der gerade nicht redet und dem anderen dauernd ins Wort fallen will, still sein und warten muss. „Gleich bist du dran.“

Ich verstehe nichts und es ist furchtbar anstrengend, wenn beide gleichzeitig reden. Ihnen tut außerdem die Erfahrung gut, ohne Krakehlen meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Je öfter ein Kind erlebt, dass es Gehör findet, wenn es geduldig sein und die Regeln der Erwachsenen befolgen kann, desto gelassener wird es im Laufe der Zeit.

Bei beginnenden Zänkereien, die sich vor meinen Augen und Ohren zutragen, greife ich unmittelbar ein. Ich unterbinde das bereits im Entstehen.

Noch eine Bemerkung zum Schluss: Was ankommt und wirkt beim Kind, ist allein meine Haltung. Das heißt meine Klarheit und Entschlossenheit. Worte brauche ich dann nur noch um die Sache verbal zu begleiten. Sie sind aber nicht entscheidend. Je weniger ich von ihnen bemühe, desto unmittelbarer kommt meine Botschaft bei den Kindern an.

Die Frage ist nur, wie man zu einer Haltung kommt? Das ist das Nötigste in der Erziehung und Schwierigste! Man muss sie sich erarbeiten. Am besten geht es bestimmt im Austausch mit anderen. Man wird dadurch aufgeräumter in sich selbst. Gibt sich (eine neue) Struktur. Wird selbst ein neuer Mensch. Dazu helfen uns die Kinder. Nicht der bleiben zu müssen, der wir geworden sind.