Der kindliche Wille ist noch chaotisch. In ihm liegt das Potential zu einem selbstsüchtigen Tyrannen oder einem großherzigen König und alle Schattierungen zwischen diesen beiden Extremen.

Das kleine Kind hat das klare Denken, das seinem Willen Ziel und Richtung geben kann, noch nicht entwickelt. Ihm fehlen die Einsichten, aus denen heraus es seinen Willen begründen und lenken könnte.

Wie können wir aber auf seinen Willen einwirken, ihn geneigt zu machen, sich in Richtung des großherzigen Königs zu entwickeln?

Wir können das über das kindliche Gefühl tun. Wir sind diejenigen, die durch das, was sie das Kind erleben lassen, seine Gefühle hervorrufen, sie unterstreichen und sie nähren.

Christian Morgenstern bringt in seinem Gedicht „Ein und alles“ eine Stimmung zum Ausdruck, die geeignet erscheint und die wir in uns tragen können, wenn wir den König im Kinde hervorlocken wollen.

Eins und alles

Meine Liebe ist groß
wie die weite Welt,
und nichts ist außer ihr,
wie die Sonne alles
erwärmt, erhellt,
so tut sie der Welt von mir!

Da ist kein Gras,
da ist kein Stein,
darin meine Liebe nicht wär,
da ist kein Lüftlein
noch Wässerlein,
darin sie nicht zög einher!

Da ist kein Tier
vom Mücklein an
bis zu uns Menschen empor,
darin mein Herze
nicht wohnen kann,
daran ich es nicht verlor!

Meine Liebe ist weit
wie die Seele mein,
alle Dinge ruhen in ihr,
sie alle, alle,
bin ich allein,
und nichts ist außer mir!

Christian Morgenstern